Der Kamisarden-Krieg

Der "Kamisarden-Krieg" ist jener bewaffnete Aufstand, der zwischen 1702 und 1705 von den Protestanten der Cevennen und eines Teils der Ebene des Unteren Languedoc gegen die königliche Staatsmacht geführt wurde.

Die Geschichtsschreibung hat sich darauf geeinigt, diesen Krieg - der eigentlich eher das war, was wir heute eine Guerilla-Bewegung nennen würden - mit dem 24. Juli 1702 beginnen zu lassen, also mit dem Tag, an dem der Abbé du Chaila in Pont-de-Montvert umgebracht wurde (das dreihundertjährige Jubiläum dieses Ereignisses wird im Jahre 2002 begangen werden). Seine Wurzeln reichen jedoch sehr weit zurück, und man kann den Kamisarden-Krieg nicht verstehen, wenn man die Bewegung der Propheten außer acht läßt, die 1688 im Vivarais (dem heutigen Département Ardèche) enstanden war und ab 1700 auf die Cevennen übergegriffen hatte. Auch kann man diesen Krieg nicht von vorangegangenen bewaffneten Aktionen - wie etwa derjenigen des Predigers Vivent - trennen. Aus diesem Grunde beziehen wir die gesamte "Vorgeschichte" des Kamisarden-Krieges seit dem Widerruf des Edikts von Nantes (1685) in unsere Untersuchungen mit ein.

Wenn der Kamisarden-Krieg im eigentlichen Sinne auch im Januar 1705 mit der Aufgabe der letzten (oder doch der meisten) Aufständischen zu ende ging, so kam es dennoch in der Folge zu mehreren gewalttätigen Nachbeben: im April und Mai 1705 erhob sich die "Liga der Gotteskinder" zu einer Verschwörung, und 1709 sammelte Abraham Mazel im Vivarais eine bewaffnete Truppe um sich und unternahm, nachdem diese zerstreut worden war, 1710 einen erneuten Versuch, den Aufstand in den Cevennen und dem Unteren Languedoc wieder anzufachen.

Wir spannen den Rahmen jedoch noch weiter und lassen diesen Konflikt erst 1715 enden: 1715 ist das Jahr, in dem Antoine Court von den Cevennen aus den Protestantismus im Languedoc wiederbelebte (mit der Einberufung der ersten Synode der "Kirchen der Wüste" in Montèzes), und es ist auch das Jahr, in dem Ludwig XIV. starb. Mit diesen beiden Ereignissen trat die Geschichte der Protestanten unwiderruflich in eine neue Phase ein. Was nicht bedeuten soll, daß für uns das Jahr 1715 einen absoluten Schlußpunkt darstellt: es wird immer dann zeitlich überschritten werden, wenn das Schicksal einzelner Hauptbeteiligter bis an ihr Lebensende verfolgt wird, oder wenn es um gezielte Informationen etwa zur Freilassung von Galeerensträflingen oder Gefangenen geht.

Selbstverständlich werden wir nicht die Gesamtheit aller Ereignisse berücksichtigen, die im Zeitraum von 1685 bis 1715 vorgefallen sind. Uns interessiert nur, was direkt oder indirekt mit dem Kamisarden-Krieg zusammenhängt.

Eine Chronologie, die wir im Laufe der Zeit immer weiter verfeinern und vervollständigen werden, gibt über die tatsächlichen Geschehnisse dieses Krieges Auskunft.

Was den geographischen Rahmen des Kamisarden-Krieges betrifft, so ist zu beachten, daß sein Zentrum in den Cevennen und der Ebene des Unteren Languedoc lag. Es darf jedoch nicht außer acht gelassen werden, daß die Kamisarden verschiedentlich versuchten, die Bevölkerungen auch der benachbarten Regionen zum Aufstand zu bewegen: diejenigen des Vivarais, des Dauphiné und des Rouergue. Auch lagen einige Gefängnisse, in denen Kamisarden eingesperrt waren, oftmals weit von den Cevennen entfernt: Perpignan, die Festung Carcassonne oder der Galeerenhafen von Marseille. Auch werden wir den Weg der Kamisarden in die Länder des "Refuge" verfolgen, in die sie geflüchtet waren (oder die sie aufsuchen mußten), um eine günstige Gelegenheit abzuwarten, um den Kampf wieder aufzunehmen.

Unser geographischer Rahmen wird diesen Gegebenheiten Rechnung tragen und ausreichend groß sein, um den Kamisarden-Krieg in all seinen Aspekten zu behandeln.